Großtauschtage, Messen und Ausstellungen werden wegen der Corona-Gefahr noch lange verboten sein.
Aber auch die Mitgliederversammlungen selbst kleinerer Ortsgruppen und Arbeitsgemeinschaften werden nicht so bald wieder stattfinden können. Alle Termine sind erst mal aufgehoben.
Das Bedürfnis aktuelle Vereinsfragen zu regeln, einen neuen Vorstand zu wählen usw., ist jedoch groß. Wenn keine Mitgliederversammlungen stattfinden dürfen, können sich Probleme ergeben: der bisherige Vorstand kann nicht mehr agieren, weil seine Amtszeit abgelaufen ist, wichtige Entscheidungen, die der Mitgliederversammlung vorbehalten sind, müssen vertagt werden.
Bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemievom 27.03.2020 hat der Deutsche Bundestag auch an die Vereine gedacht, wobei zwei Punkte aufgegriffen wurden:
1.
Zunächst hat man eine Lösung für den Fall gesucht, dass der Verein in seiner Satzung zwar die Dauer der Amtszeit geregelt hat (z.B. drei Jahre ) nicht aber den Fall, dass diese Amtszeit überschritten wird, ohne dass eine Neuwahl stattgefunden hat.
Beispiel: Am 10. August 2017 wurde ein neuer Vereinsvorstand für drei Jahre gewählt. Wenn nicht bis spätestens zum 10. August 2020 Neuwahlen stattfinden, ist der Verein ab 11. August 2020 führungslos.
Das kann gravierende Folgen haben, wenn Disziplinarstrafen (z.B. Vereinsausschluss) verhängt oder wichtige Verträge abgeschlossen werden müssen. Viele Vereinssatzungen (aber nicht alle) enthalten daher die Absicherungsklausel: „Der Vorstand bleibt bis zur Neuwahl im Amt.“
Das ist auch vom „Corona-Abmilderungsgesetz“ aufgegriffen worden, dessen § 5 Abs. 1 bestimmt:
„Ein Vorstandsmitglied eines Vereins….bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.“
Damit kann eine Mitgliederversammlung problemlos verschoben werden.
Die Worte „bis zu seiner Abberufung“ sind aber nicht ganz unwichtig. Der Gesetzgeber bringt hier zum Ausdruck, dass die Corona-Probleme kein Grund sein können, einen Vorstand auf ewig im Amt halten zu müssen sondern auch eine Abberufung (durch eine Mitgliederversammlung) möglich sein muss.
2.
Das herkömmliche Vereinsrecht geht grundsätzlich von einer „Versammlung der Mitglieder“ (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BGB) aus, in der die Angelegenheiten des Vereins durch Beschlussfassung geordnet werden, was körperliche Anwesenheit erfordert.
Allerdings ist nach § 32 Abs. 2 BGB auch ohne Versammlung der Mitglieder ein Beschluss gültig, „wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.“ Das dürfte in der Praxis kaum realisierbar sein.
Da in der Satzung des Vereins auch Regelungen getroffen werden dürfen, die von § 32 abweichen (§ 40) kann die Vereinsatzung hierzu abweichende Regelungen treffen, aber auch andere Formen einführen, z.B. Online-Versammlungen oder eine Beschlussfassung per Telefon- oder Videokonferenz vorsehen, was schon teilweise praktiziert wird.
Das „Corona-Abmilderungsgesetz“ eröffnet auch hier die Möglichkeit einer Abstimmung unter Abwesenden, wenn die Vereinssatzung dieses noch nicht vorsieht.
Artikel 2, § 5 Abs. 2 bestimmt:
Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
- An der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben.“
- Ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.“
In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 19/18110) wird dazu u.a. ausgeführt:
„Mit § 5 Absatz 2 Nummer 1 wird Vereinen ermöglicht, abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB auch „virtuelle Mitgliederversammlungen“ durchzuführen, an denen sich die Mitglieder im Wege elektronischer Kommunikation zusammenfinden und ihre Mitgliedsrechte ausüben. Dabei ist auch möglich, dass ein Teil der Mitglieder oder Vorstandsmitglieder an einem bestimmten Ort zusammenkommt und andere Mitglieder an der Mitgliederversammlung im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen.“
Artikel 2, § 5 Absatz 3 bestimmt:
„Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“
Diese Regelung der Abstimmung im Umlaufverfahren stellt wegen des Wegfalls des Erfordernisses der Zustimmung aller Mitglieder eine erhebliche Erleichterung dar.
Die Anforderung, dass sich mindestens die Hälfte der Mitglieder an dem Umlaufverfahren beteiligen muss, zwingt den Vorstand aber auch dazu, eine „attraktive“ Tagesordnung zu erstellen, bzw. nur in „wichtigen“ Fällen eine Mitgliederversammlung einzuberufen.
Die Begründung betont:
„Nicht geändert werden die im Gesetz oder Satzung geregelten Mehrheitserfordernisse. Soweit in der Vereinssatzung nichts Abweichendes geregelt ist, ist für die Zweckänderung weiterhin nach § 33 Absatz 1 Satz 2 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, für Satzungsänderungen gilt die Drei-Viertel-Mehrheit nach § 33 Satz 1 BGB, soweit in der Satzung keine andere Mehrheit geregelt ist.“
Eine Erleichterung stellt auch die Regelung dar, dass die Stimmabgabe in Textform erfolgen kann. Die Stimme muss nicht mehr in Schriftform abgegeben werden, was eine eigenhändig unterschriebene Erklärung (§ 126 BGB) erfordert, die dem Verein im Original zugehen muss, vielmehr ist auch eine Stimmabgabe per E-Mail oder Telefax möglich.
Welche Einladungsformen innerhalb des BDPh praktiziert werden, dürfte von der jeweiligen Vereinigung abhängen. Virtuelle Versammlungen setzen eine Mitgliederschaft voraus, die Zugang zum Internet hat und bereit ist, davon Gebrauch zu machen.
Das „Corona-Abmilderungsgesetz ist – entgegen anderslautenden Meldungen nicht bis zum 31. Dezember 2021 gültig sondern nur auf in 2020 ablaufende Amtszeiten von Vereinsvorständen und im Jahr 2020 stattfindende Mitgliederversammlungen anwendbar.
(vgl. Art. 2, § 7 des Gesetzes).
Allerdings ermächtigt § 8 den Bundesjustizminister durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, u.a. die Geltung des § 5 bis höchstens zum 31. Dezember 2021 zu verlängern,“ wenn dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland geboten erscheint.“
Bonn, den 28. April 2020
RA Dr. Bernd Lindemeyer |